„Es ist schlicht und einfach das Recht der Frauen, die Hälfte der Macht für sich zu beanspruchen“, lautet ein berühmtes Zitat der Feministin Alice Schwarzer. In wohl keinem anderen Bereich des gesellschaftlichen Lebens ist das weibliche Geschlecht diesem Ziel so nah gekommen wie in der Kultur. Das spiegelt sich auch in den Spitzenämtern hiesiger Kulturinstitutionen, ganz egal, ob als privates Haus oder als kommunale oder freistaatliche Institution geführt.
CHEMNITZ INSIDE hat die Chemnitzer Fotografin Karla Mohr beauftragt, regionale Kulturmacherinnen zu porträtieren. Herausgekommen ist eine Bild-Serie, die von Selbstbewusstsein und Freude zeugt. Freude an der eigenen Arbeit. Freude an der Verantwortung. Und: Freude am Frau-Sein.
„Man merkt, ob jemand oft vor Publikum arbeitet“
„Eigentlich war es mein Ziel, die Frau hinter dem Business-Konstrukt der beruflichen Position zu zeigen“, berichtet Fotografin Karla Mohr, wie sie den CHEMNITZ INSIDE-Auftrag angegangen ist. Doch schnell löste sie sich von diesem Gedanken: „Als ich Sabrina Sadowska das erste Mal im Ballettsaal fotografiert habe, dachte ich sofort: Das ist das perfekte Bild. Der Laptop neben ihr, die Tänzer, die sich spiegeln. Und dazu ihre Füße auf den Zehenspitzen. Das ist einfach die Urtänzerin, die durchkommt. So kann ich sie gar nicht losgelöst vom Beruf zeigen.“
So blieb Mohr bei allen Porträtierten im beruflichen Kontext, besuchte Isabell Weh auf und hinter der Bühne des Fritz-Theaters, Patrizia Meyn auf der Augustusburg, Luise Grudzinski am Schauplatz des diesjährigen Festivals „Begehungen“ im einst nach Fritz Heckert benannten Plattenbaugebiet, Professorin Bernadette Malinowski an der TU Chemnitz. Mandy Knospe öffnete ihr Atelier, Sabine Wolfram erklärte die architekturbezogenen Ausstellungen im Schocken. Und Nancy Gibson begrüßte die Fotografin am Eingang der Städtischen Musikschule.
Jede der Kulturmacherinnen, das habe sie gemerkt, sei trotz der Verantwortung für Mitarbeiter*innen oder für Finanzpläne, für Festivalplanungen oder für die administrativen Aufgaben bei der Kulturhauptstadtbewerbung im Kern doch weiter Kopfarbeiterin mit kreativem Geist und Gespür für künstlerische Ästhetik, sagt Mohr.
Unterschiede habe es dennoch gegeben: „Auch bei Künstlern gibt es die eher introvertierten und die eher extrovertierten Typen. Das ist auch beim Fotografieren spürbar: Man merkt, ob jemand oft vor Publikum arbeitet.“ Sie versuche in jedem Fall, mit ihren Porträtierten eine persönliche Ebene zu finden, mit ihnen ins Gespräch zu kommen, verrät Mohr. „So kann ich am besten herausfinden, wo jede für sich ihre schönste Seite sieht. Dann werden auch die Porträts am authentischsten, weil die Fotografierten am ehesten bei sich sind.“ vtz