WARUM BIBLIOTHEKEN ERHALTENSWERT SIND
Braucht man die eigentlich noch? Annähernd 450 Bibliotheken gibt es im Freistaat Sachsen. 400 davon zählen zu den Öffentlichen, 43 sind Wissenschaftliche Bibliotheken. Der Wortherkunft nach einfache „Buch-Behälter“, findet man heute in Bibliotheken längst mehr als Gedrucktes. „Die Bibliothekslandschaft des Kultur- und Bildungslandes Sachsen (…) hält an vielen Orten Schritt mit den Anforderungen an moderne Wissens-, Informations- und Kommunikationsorte in der Stadtgesellschaft“, erklärte Aline Fiedler, Vorsitzende des Landesverband Sachsen im Deutschen Bibliotheksverband, Ende 2023 anlässlich der Verleihung des Sächsischen Bibliothekspreises 2023 an die Stadtbibliothek in Kamenz.
Man stellt sich ein auf die neuen Zeiten. Bibliotheken vermitteln Musik und Filme auf CD und DVD, aber seit einer ganzen Weile auch schon per Stream. Sie verleihen Computerspiele, schaffen 3D-Drucker an, richten Aufnahmestudios ein. Doch vielerorts steht das Buch als zentrales Informations- und Unterhaltungsmedium noch im Mittelpunkt – und das zurecht. Hat sich um bibliophile Kostbarkeiten und neueste Bestseller herum über Jahrhunderte doch eine Baukultur entwickelt, die Bibliotheken vielerorts – und auch in unserer Region – zu wundervollen Orten des Wissens, der Begegnung und auch der Ästhetik macht. Schon deshalb muss man sagen: Wir brauchen sie weiterhin: Eine Liebeserklärung in Bildern.
Die Alte
Die Zwickauer Ratsschulbibliothek ist eine der ältesten wissenschaftlichen Bibliotheken Mitteldeutschlands und hält eine der bedeutendsten historischen Büchersammlungen des deutschsprachigen Raumes bereit. Circa 250.000 Medien umfasst der Bestand, neben historischen Handschriften und Drucken bis weit in die Zeit der Reformation zurück vor allem auch landeskundliche Literatur zur Region Westsachsen. So steht sie auch für aktuelle Recherchen oder als ruhiger Arbeitsort zur Verfügung. Ein zweites Juwel findet sich in Zwickau mit der Stadtbibliothek – die wurde in drei Etagen eines ehemaligen Kornspeichers eingerichtet.
Die Frische
Über Jahrzehnte hinweg waren die Bücherschätze der TU Chemnitz verteilt auf unzählige Standorte. Seit dem Frühjahr 2021 hat das ein Ende: Im neuesten Bibliotheksbau des Freistaates Sachsen entstand die Universitätsbibliothek in der vormaligen Aktienspinnerei – würdige Umnutzung eines in der Vergangenheit so vielfältig verwendeten Gebäudes. Mitten im Zentrum gelegen, gibt es hier nicht nur geballtes Wissen, sondern regelmäßig auch Veranstaltungen wie den „Book Talk“ oder den Expertenabend „Science Meets Public“.
Die Verschlossene
Vielleicht ist es die schönste Bibliothek in der Region – die der Familie von Einsiedel auf Schloss Wolkenburg bei Limbach-Oberfrohna. Errichtet in neogotischem Stil Ende des 18. Jahrhunderts durch Detlev Carl Graf von Einsiedel, soll sie einst um die 3.000 Bände wissenschaftlicher und schöngeistiger Literatur beherbergt haben, die der Eigentümer auch gern Studierenden zur Verfügung stellte. Um 1945 verliert sich die Spur vieler Bücher, der Bibliotheksraum wurde anderweitig genutzt. Erst 2005/06 wurde er restauriert, ist bis heute jedoch fast ausschließlich im Rahmen von Sonderführungen zu besichtigen. Der Grund: Treppen und Gänge hin zu den Bibliotheksräumen im Dachgeschoss harren noch der Ertüchtigung.
Die lang Ersehnte
In Freiberg wurde lang um eine Stadtbücherei gerungen: Eine Reihe von Vereinsbibliotheken sorgte zunächst für geistige Nahrung für die Mitglieder, erst 1876 entstand eine erste Volksbibliothek mit städtischer Beteiligung. Die erlebte vor und nach der Umbenennung in Stadtbibliothek 1920 viele Umzüge, residierte in der Knabenschule, in einem Kaufhaus oder auch mal im Ratskeller. Erst 2015 fanden die städtischen Buchbestände im frisch sanierten Kornhaus ihr aktuelles und angemessenes Zuhause. Der spätgotische Bau, Teil des Weltkulturerbes Montanregion Erzgebirge, hatte einst zur mittelalterlichen Befestigungsanlage gehört – das erkennt man bis heute an den beeindruckenden Holzkonstruktionen im Inneren des Gebäudes.
Die mit Ausblick
Mit zunächst zwei Stunden Öffnungszeit und 444 Büchern startete die Stadtbibliothek Chemnitz am 2. Juli 1869 ihre Arbeit und hat seitdem eine bewegte Geschichte hingelegt – auch räumlich. Von der Lechla’schen Villa übers Rathaus, Räumlichkeiten an der Theaterstraße und in der alten Aktienspinnerei landete sie schließlich im Kulturkaufhaus Das Tietz. Bis zum 150. Geburtstag 2019 war sie auf 261.000 physische und 23.500 digitale Medien angewachsen – inzwischen dürften es noch ein paar mehr sein. Wer vor Ort darin schmökert, hat einen wohl weltweit einmaligen Ausblick – auf die 291 Millionen Jahre alten Bäume des Versteinerten Walds von Chemnitz im Foyer des Gebäudes.
Die Erinnernde
Unter der gleichen Adresse wie die Stadtbibliothek findet sich im Chemnitzer Kulturkaufhaus Tietz ein weiteres Schmuckkästchen – die Stefan-und-IngeHeym-Bibliothek. Im Originalmobiliar aus dem Arbeitszimmer Stefan Heyms in Berlin-Grünau werden hier über Jahrzehnte vom Autor und seiner Frau zusammengetragene Buchschätze ausgestellt – mehrere Tausend Bände, die unter anderem Rechercheliteratur für Romanprojekte, Ausgaben von Heyms Werken aus aller Welt sowie Widmungsexemplare prominenter Schriftstellerkolleg*innen und Weggefährt*innen umfassen.
vtz.
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