Wohnen im Alter in Chemnitz bietet vielfältige Möglichkeiten.
Von Brigitte Pfüller
Unterstützung bei Bedarf
Wenn der Tag in der Evangelischen Sozialstation der Stadtmission Chemnitz e.V. beginnt, plant Gebietskoordinatorin Uta Richter zuerst die Touren der Mitarbeiter, um alle zu Betreuenden gut versorgt zu wissen. „Wir haben seit 2017 ein Kooperationsprojekt mit der CAWG, der Chemnitzer Allgemeinen Wohnungsgenossenschaft eG“, erläutert Sarah Endler, Bereichsleiterin Ambulante Dienste für Senioren. „Derzeit sind circa zehn Mitarbeiter im Wohngebiet der CAWG unterwegs, um den Senioren in ihren eigenen Wohnungen zur Seite zu stehen.“ Zumeist sind es anfangs hauswirtschaftliche Dienstleistungen wie das Reinigen der Wohnungen oder das Erledigen von Wege, Einkaufen gehen oder das Mittagessen bereiten. Ist Vertrauen aufgebaut, dann kommen auch noch gesundheitliche Pflegeleistungen dazu. Dazu gehören neben der Unterstützung beider Körperpflege auch Blutzucker messen oder die Versorgung von Wunden. „Die Senioren können aus einem ganzen Katalog Leistungen buchen, die sie möchten oder brauchen. Wir kümmern uns auch, wenn sie beispielsweise aus dem Krankenhaus kommen, darum, dass sie rechtzeitig alle Medikamente erhalten“, erläutert die Bereichsleiterin weiter. Die Betreuung reicht sozusagen über 24 Stunden an sieben Tagen die Woche. Denn in Notfällen steht in der eigenen Hausnotrufzentrale der Stadtmission Chemnitz ein Team aus erfahrenen Pflegemitarbeitern für schnelle Hilfeleistung zur Verfügung. Daniel Pfaff, Sprecher der CAWG, bestätigt: „Mit diesem Projekt können wir sichern, dass es auch im Alter möglich ist, in den eigenen vier Wänden zu bleiben. Wir haben damit bisher sehr gute Erfahrungen gemacht und soweit wir wissen, ist es die einzige derartig umfassende Zusammenarbeit, die es bisher in Chemnitz gibt.“ Er schätzt ein, dass diese Art, im Alter mobil zu bleiben, in Zukunft weiter zunehmen und an Bedeutung gewinnen wird. Denn für viele sei es bei den derzeit steigenden Preisen kaum noch zu schaffen, die Zuzahlungen für Pflegeheimplätze mit ihrer Rente zu bezahlen. Er rechnet vor: „Bei uns ist für den Quadratmeter Wohnfläche im Schnitt 5,24 Euro zu zahlen, also sagen wir etwa 500 Euro pro Monat. Für die Serviceleistung der evangelischen Sozialstation gibt es keine Pauschale, sondern die Angebote können je nach Bedarf bestellt oder abbestellt werden. Damit kann ein Rentner oder eine Rentnerin doch gut auskommen.“ Außerdem seien Senioren auch oft daran interessiert, so lange wie möglich selbstbestimmt in der vertrauten Umgebung zu bleiben. „Andere haben sich informiert und kommen dann zu uns. Oft sind es die Kinder, die ihre Eltern darauf aufmerksam machen.“
Laminat wie Schiffsboden
„Eine Bewohnerin hat für unser Mietermagazin ‚Hausgeist‘ sehr schön darüber erzählt, wie sie sich bei uns fühlt“, sagt Pfaff: „Denn sie hatte sich ganz gezielt für das Angebot der CAWG entschieden.“ Ihr Domizil befindet sich in einem Neungeschosser an der Carl-von- Ossietzky-Straße. Sie nennt es „ideal“ für ihre Bedürfnisse: zwei Zimmer, Küche, Duschbad, Balkon. Im Rahmen des CAWG-Programms „MOBIL bleiben“ hat die Genossenschaft alles weitestgehend nach ihren Wünschen umgebaut. „Wichtig waren mir zuerst die Lage der Wohnung mit günstiger Verkehrsanbindung und Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe und die neu eingebaute bodengleiche Dusche. Dass noch schwellenlose Türen und eine breitere Balkontür mit flachem Austritt hinzukamen,ist perfekt. So kann ich auch, wenn ich mal auf einen Rollator angewiesen sein sollte, problemlos von Raum zu Raum und auf den Balkon gelangen“, sagt sie. Ihre Einrichtung hat sie schon großzügig und pflegeleicht gewählt. Nach etlichen Wohnungswechseln in Karl-Marx-Stadt bzw. Chemnitz soll es möglichst der letzte Umzug gewesen sein. Auf ihr jetziges Heim aufmerksam geworden ist die Genossenschafterin, die zuvor sehr zentrumsnah gewohnt hat, beim Besichtigungstermin einer anderen CAWGWohnung. Das Angebot gefiel ihr gut: „Die Wohnberaterin hat sich sehr viel Zeit genommen, mit mir alles zu besprechen.
Aus verschiedenen Mustern konnte ich zum Beispiel Fußbodenbelag und Fliesen auswählen.“ Das Laminat im Wohnzimmer sieht fast aus wie Schiffsboden-Parkett und erinnert die Wahl-Chemnitzerin ein bisschen an den Wohnstil in ihrer alten Heimat Schwerin. Bei der Finanzierung der Sonderwünsche kam ihr die Genossenschaft in Form von Ratenzahlungen entgegen. Jetzt fühlt sie sich völlig zu Hause im neuen Heim, nicht nur, weil ihre Freundin und frühere Kollegin gleich mitzog. Das Klima im Haus stimme und schön seien auch Kinderlachen und -gesang, die aus der benachbarten Kita herüberklingen, freut sich die ehemalige Opernchor-Sängerin. Die CAWG hat nach eigenen Angaben bereits viele Wohnungen in ihrem Bestand altersgerecht bzw. barrierearm umgebaut, zum Beispiel in der denkmalgeschützten Gartenstadt Gablenz. Aktuelle Projekte werden dieses Jahr unter anderem am Zschopauer Platz bzw. in der Carl-von-Ossietzky-Straße in der Großplatte realisiert. „Hier werden Fahrstühle eingebaut, die ebenerdig starten und die beidseitig begehbar sind“, sagt Pfaff. Die CAWG zählt mit mehr als 6.000 Wohnungen in sechs Stadtteilen von Chemnitz zu den größten derartigen Wohnungsgenossenschaften im Freistaat Sachsen.
Sozialer Kümmerer und Demenz-WG
Auch andere Wohnungsgesellschaften und -genossenschaften sorgen sich um ihre älteren Bewohner. So gibt es bei der Wohnungsbaugenossenschaft Chemnitz West eG (WCW) einen sozialen Kümmerer bzw. eine soziale Kümmerin: Anja Wünsch. Sehr häufig unterstützt sie ältere Menschen beim Badumbau, um die Badewanne durch eine Dusche zu ersetzen oder zusätzliche Haltegriffe anzubringen. Zudem organisiert sie Hilfe bei Krankheit oder Pflegebedürftigkeit und arbeitet dabei eng mit Ämtern und Krankenkassen zusammen. Auch beim Beantragen einer Pflegestufe unterstützt Anja Wünsch. Außerdem hat sich die Genossenschaft darauf eingestellt, dass Hilfe- und Pflegebedürftigkeit immer mehr zunehmen. So integrierte die WCE im Wohngebiet Siegmar die Sozialstation "Pflege mit Herz". Diese organisiert zusätzlich zur Hauskranken- und Altenpflege Ausflüge und Veranstaltungen für Senioren. Insgesamt hat die WCW in den vergangenen zehn Jahren etliche Neubauten errichtet bzw. komplexe Modernisierungen durchgeführt, bei denen überwiegend barrierearmer Wohnraum geschaffen wurde. Ein Beispiel ist die Servicewohnanlage an der Stollberger Straße. Das Objekt wurde schwellenlos und mit zwei Aufzügen errichtet. Eine Concierge unterstützt die Mieter bei der Vermittlung von Serviceleistungen, wie Einkäufen, Wäscherei, Reinigung, Pflegeleistungen und vielem mehr. Dabei arbeitet die WCW eng mit der AWO zusammen, die ihre Dienstleistungen anbietet. Auch die kommunale Chemnitzer Grundstücks- und Gebäudewirtschafts-Gesellschaft mbH hat bei bestimmten Gebäuden einen Concierge-Dienst eingerichtet. Dieser übernimmt auf Wunsch verschiedene Dienstleistungen. Er ist Ansprechpartner und vermittelt ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit in den sonst anonymen Häusern. Zusätzlich wurden in der Zeisigwaldstraße 73 und 75 Wohngemeinschaften für an Demenz Erkrankte eingerichtet. Nach eigenen Angaben hat die GGG das Gebäude umfangreich saniert. Es vereint in der unteren Etage eine Tagespflege, darüber folgen drei Etagen mit jeweils einer Wohngemeinschaft für je zehn Bewohner.
Betreuung im Denkmal
Wenn Ältere aber nicht mehr in der Lage sind, in der eigenen Wohnung zu bleiben, dann gibt es in Chemnitz auch interessante Wohnund Betreuungsmöglichkeiten – sogar im Denkmal: In der ehemaligen „Kaiserlichen Oberpostdirektion“ von Chemnitz werden heute Senioren gepflegt und betreut. Das repräsentative Gebäude wurde ab 2019 vom Pflegedienstleister Advita in eine Senioren- Wohn- & Tagespflege als „Haus Am Kaßberg“ umgebaut und im Sommer 2021 eröffnet. Die Advita Pflegedienst GmbH ist ein seit 1994 bundesweit tätiger Pflegedienst. Dieser zählt mit mehr als 40 Niederlassungen und über 2.500 Mitarbeitenden zu den größten Pflegediensten Deutschlands. In dem imposanten, neugotischen Bau, der zwischen 1902 und 1904 errichtet wurde, gibt es 44 Angebote im betreuten Wohnen, welche auch Ehepaare nutzen können. Hinzu kommen zwei Pflege-Wohngemeinschaften für an Demenz Erkrankte. „Diese WGs stehen auch anderen Rentnern offen. Sie werden nicht ausschließlich für Demenzkranke genutzt“, erklärt Niederlassungsleiterin Kathleen Hartig. Der Bereich Tagespflege mit 40 Plätzen für eine kurzzeitige Betreuung ergänzt das Angebot. Außerdem verfügt das Haus über ein Intensivpflegezentrum.
„Damit gewährleisten wir unter einem Dach ein vielfältiges Pflege- und Betreuungsangebot für ältere Menschen, das individuell auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist“, erklärt Hartig. „An der Hofseite gibt es Balkons, die wie die Terrasse gern genutzt werden, so dass sich auch Freundschaften entwickeln.“ Außerdem werde jeden Tag frisch gekocht. Die Bewohner und Tagesgäste werden in die Speisenplanung und deren Zubereitung mit einbezogen, regionale und saisonale Produkte werden bevorzugt zubereitet. „Sehr schön ist auch das denkmalgeschützt restaurierte Treppenhaus. Aber für unsere Bewohner, die Probleme mit Treppen haben, gibt es drei Aufzüge.“ Wie Kathleen Hartig sagt, seien gestiegene Preise in ihrem Haus trotzdem zu spüren. So würden beispielsweise die Plätze der Tagespflege kaum noch für ganze Wochen gebucht, sondern zumeist tageweise. Zusätzlich zum „Haus Am Kaßberg“ ist Advitain Chemnitz in mehreren Wohngemeinschaften im Heckert-Gebiet als Pflegedienst aktiv. In der Wolgograder Allee betreibt Advita außerdem eine Tagespflege mit eigenem Garten.
SERVICEANGEBOTE FÜR SENIOREN
STADT CHEMNITZ
Angebote der Stadt Chemnitz sind im Seniorenleitfaden 2022 zu finden.
FREISTAAT SACHSEN
Angebote in Sachsen gibt es in der Pflegedatenbank des Pflegenetzwerkes Sachsen.
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