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Die Experten

Arbeitswillig, wissbegierig, teamorientiert, voller Verständnis für technische, mathematische oder menschliche Belange, diszipliniert und pünktlich und am besten mit praktischen Vorerfahrungen: Wenn Arbeitgeber junge Menschen für Ausbildungs- oder Arbeitsplätze suchen, ist die Liste der wünschenswerten Bewerbereigenschaften lang. Dabei hat sich angesichts des Fachkräftemangels in vielen Branchen das Verhältnis längst umgekehrt: Wurden früher junge Menschen eher weggeschickt, weil die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber die Zahl der zu besetzenden Stellen weit überstieg, kann sich der Nachwuchs heute aussuchen, wo und für wen er künftig arbeiten will. Eigentlich also müssten sich die Arbeitgeber hübsch machen, um attraktiv zu sein für junge Menschen.

Doch was will „die Jugend“ überhaupt? CHEMNITZ INSIDE hat sie einfach mal gefragt.

DIESE JUGEND…

Regelmäßig lässt ein Mineralölkonzern die Generation der zwölf- bis 25-jährigen Deutschen befragen, um die Ergebnisse in der „Shell Jugendstudie“ zusammenzufassen. Sie gibt Erkenntnisse über die Einstellung der jungen Generation zu Familie, Freunden, Schule, Beruf und Freizeit, aber auch zu Politik, Gesellschaft und Religion. Die aktuellste – 18. – Auflage erschien 2019 unter dem Titel „Eine Generation meldet sich zu Wort“. Sie fasst zusammen: „Die gegenwärtige junge Generation formuliert wieder nachdrücklicher eigene Ansprüche hinsichtlich der Gestaltung der Zukunft unserer Gesellschaft und fordert, dass bereits heute die dafür erforderlichen Weichenstellungen vorgenommen werden.“

Vor allem Umweltschutz und Klimawandel haben für die 2019 Befragten erheblich an Bedeutung gewonnen und müssten von Gesellschaft und Politik stärker angegangen werden. Zudem zeichne sich „ein Trend zu gegenseitigem Respekt und einer Achtsamkeit in der eigenen Lebensführung, ein starker Sinn für Gerechtigkeit sowie ein wachsender Drang, sich für diese Belange aktiv einzubringen“ ab. Insgesamt werden die aktuellen Jugendlichen als „pragmatisch“ beschrieben: „Sie passen sich auf der individuellen Suche nach einem gesicherten und eigenständigen Platz in der Gesellschaft den Gegebenheiten so an, dass sie Chancen, die sich auftun, möglichst gut ergreifen können“, so die Studienautoren.

OKSANA | 25 JAHRE ALT

Oksana wohnt in Chemnitz und studiert Medienmanagement an der Hochschule Mittweida. Derzeit absolviert sie im Rahmen ihres Studiums ein Praktikum bei den Filmnächten Chemnitz.

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Wie stellst du dir deinen ersten Arbeitgeber vor?

Ich erhoffe mir von meinem ersten Arbeitgeber eine angenehme Teamatmosphäre mit flachen Hierarchien. Außerdem würde ich mir wünschen, dass mein Arbeitgeber offen gegenüber neuen Ideen ist.

Willst du in einem kleinen Betrieb oder weltweit tätigem Konzern arbeiten?

Die Größe des Unternehmens ist für mich nicht entscheidend, da meine Prioritäten mehr auf den Tätigkeiten und Herausforderungen liegen.

Denkst du, du wirst einmal mehr arbeiten als deine Eltern?

Ich denke, dass die Mehrarbeit anders aussieht. Besonders in der Branche, in der ich einmal arbeiten möchte, werden viele Aufgaben auch außerhalb der Regelarbeitszeit erledigt.

Was ist dir wichtiger, eine Arbeit, die dir zu 100% Spaß macht, oder eine, bei der du viel Geld verdienst?

Diese Frage ist generell sehr schwer zu beantworten. Das Wichtigste ist, dass mir die Arbeit Spaß macht. Trotzdem ist der finanzielle Aspekt nicht zu vernachlässigen.

Würdest du für einen guten Job in eine andere Stadt ziehen?

Ja, würde ich!

LEON | 18 JAHRE ALT

Leon besucht die Abschlussklasse der Fachoberschule für Wirtschaft und Verwaltung und absolviert dieses Jahr das Fachabitur. Anschließend will er ein Freiwilliges Soziales Jahr in einem Kindergarten machen.

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Wie stellst du dir dein künftiges Arbeitsleben vor?

Mein Ziel wäre, nicht jeden Tag das gleiche machen zu müssen. Nur der Rente entgegen zu arbeiten, finde ich nicht erstrebenswert, die Arbeit sollte auch Erfüllung bringen. Ich arbeite gern mit Menschen, deshalb kann ich mir einen pädagogischen Beruf gut vorstellen.

Willst du eher für einen öffentlichen oder eher für einen privaten Arbeitgeber arbeiten?

Ich glaube, eher für einen privaten. Die staatlichen und öffentlichen Einrichtungen haben meiner Meinung nach noch nicht richtig erkannt, dass man auch in seine Mitarbeiter investieren muss, indem man beispielsweise das Personal regelmäßig schult.

Und eher ein großer oder ein kleinerer Arbeitgeber?

Das ist eigentlich egal. Mir wäre wichtig, dass ich vielen Menschen helfen kann.

Würdest du dafür auch in eine andere Stadt ziehen?

Ich glaube, für die Zeit des Studiums oder der Ausbildung will ich weg aus Chemnitz – einfach, um mal rauszukommen.

Denkst du, du wirst mal mehr arbeiten als deine Eltern?

Generell schon. Weil ich einen Beruf nach meinem persönlichen Interesse aussuche, werde ich vielleicht auch viel Arbeit in die Freizeit mitnehmen.

Und wirst du mehr verdienen als deine Eltern?

Es könnte sein, dass ich durch den akademisch höheren Abschluss mehr verdiene. Aber die Erfüllung im Beruf ist mir wichtiger als das Geld.

EMILIA | 17 JAHRE ALT

Emilia wohnt in Chemnitz und besucht die 11. Jahrgangsstufe am André-Gymnasium. Eigenes Geld verdient sie durch Nachhilfeunterricht und Kellner-Jobs. In der Freizeit betreibt sie Paartanz.

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Womit hast du dein erstes Geld verdient und was hast du damit gemacht?

Das erste Geld waren kleine Honorare, als ich in Musicals aufgetreten bin. Regelmäßiges Geld habe ich als Aushilfe in Restaurants verdient. Das erste Gehalt kam kurz vor Weihnachten – und das meiste habe ich dann für Geschenke ausgegeben.

Nach dem Abitur möchtest du Grundschullehrerin werden?

Ja, das habe ich schon länger im Hinterkopf und in den letzten sechs Monaten hat sich der Berufswunsch auch nochmal verfestigt.

Was wäre dir an deinem Arbeitsort wichtig?

Ich fände gut, wenn die Schule barrierefrei und inklusiv in alle Richtungen arbeitet. Das Kollegium sollte offen miteinander umgehen, gut zusammenarbeiten ohne Konkurrenz oder Tuscheleien.

Studium in Chemnitz oder woanders?

Am liebsten in Dresden. Ich könnte mir auch vorstellen, dann dort zu bleiben. Aber ich möchte nicht zu weit weg von Chemnitz.

Warum ist dir das wichtig?

Vor allem wegen der Familie und meinen Freunden. Sicher werden auch von denen einige aus Chemnitz wegziehen, aber es wäre schön, wenn man sich relativ unkompliziert auch weiterhin treffen könnte.

Wirst du mehr arbeiten als deine Eltern?

Anders vielleicht. Als Grundschullehrer hat man ja schon heute eine Mischung aus Präsenzarbeit und Heimarbeit, das wird vielleicht in Zukunft noch stärker. Gut wäre, wenn ich auch Zeit für mich habe, nicht nur für die Arbeit.

Wirst du mal mehr verdienen als deine Eltern?

Vielleicht genauso viel. So, wie ich es im Moment erlebe, ist es in Ordnung. Ich glaube, man muss sich nicht mehr leisten können.

RAPHAEL | 17 JAHRE ALT

Nach dem Oberschulabschluss 2020 absolviert Raphael aus Chemnitz derzeit ein Freiwilliges Soziales Jahr am DRK-Krankenhaus in Chemnitz- Rabenstein. Im Herbst beginnt er eine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger.

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Warum willst du Pflegekraft werden?

Auf den Beruf aufmerksam geworden bin ich, als ich meinen Opa im Krankenhaus besucht habe. In der Schulzeit habe ich dann ein Praktikum im Klinikum Chemnitz absolviert und jetzt im FSJ hat sich mein Berufswunsch bestätigt. Jetzt weiß ich einigermaßen, was auf mich zukommt.

Rabenstein oder Klinikum – wo machst du deine Ausbildung?

Rabenstein. Das ist einerseits praktisch, weil wir nicht so weit weg wohnen. Andererseits habe ich dort eine moderne Schule kennengelernt, die mit der Zeit geht. Und mir gefällt die fast noch familiäre Atmosphäre: Die Pflegekräfte erklären uns alles und auch die Ärzt*innen nehmen sich Zeit für uns junge Menschen. Im Klinikum lernt man wahrscheinlich nach fünf Jahren immer noch neue Kolleg*innen kennen, weil es deutlich größer ist.

War es dir wichtig, in Chemnitz zu bleiben?

Für die Ausbildung auf jeden Fall. Danach muss das nicht unbedingt sein. Ich bin ein Hamburg-Fan und könnte mir vorstellen, da zu leben. Aber das kann sich in drei Jahren Ausbildung auch noch zehn Mal ändern.

Wirst du mal mehr arbeiten als deine Eltern?

Ich denke, das wird so ähnlich sein, mit einer normalen 40-Stunden- Woche. Vielleicht macht man mal Überstunden, aber das ist ja fast normal. Dass man auch am Wochenende oder an Weihnachten arbeiten muss, war mir bei der Berufswahl klar. Dafür hat man an anderen Tagen frei. Es hat also Vor- und Nachteile.

Was ist dir wichtig für dein Arbeitsleben?

Die Ausbildung und dann auch die Arbeit sollte so organisiert sein, dass man sich wohlfühlen kann. Vieles ist da in Rabenstein schon sehr gut umgesetzt, von neuer IT über das Mitarbeiteressen bis zu sicheren Fahrradstellplätzen. Mitarbeiter-Duschen für jede Station wären noch cool.

Was wirst du mit deinem ersten Gehalt machen?

Vielleicht mit meiner Mutter shoppen gehen und dann mal schauen, was es Schönes gibt.

PATRICIA | 24 JAHRE ALT

Patricia studiert an der TU Chemnitz Medien- und Instruktionspsychologie. Derzeit absolviert sie ein mehrmonatiges Praktikum bei den Filmnächten Chemnitz.

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Hast du schon eine Vorstellung von deinem ersten „richtigen“ Arbeitgeber?

Ich möchte nach dem Studium in die Event-Branche, habe aber keinen genauen Arbeitgeber im Kopf. Eine Oper oder ein großes Theater könnte ich mir vorstellen.

Also eher ein öffentlicher Arbeitgeber?

Tendenziell ja, wegen der Sicherheit des Anstellungsverhältnisses. Aber ich möchte auch private Unternehmen nicht ausschließen. Mir wäre wichtig, dass es ein größerer Arbeitgeber ist, der Events mit großer Reichweite organisiert.

Wann hast du dein erstes eigenes Geld verdient?

Vielleicht mit zwölf, 13, da habe ich Zeitungen ausgetragen im Dorf. Das Geld habe ich überwiegend gespart, um es bei gelegentlichen Shopping-Touren in Leipzig auszugeben. Aber es ist einiges übriggeblieben, das habe ich dann in die erste eigene Wohnung gesteckt.

Hast du im Studium durchgearbeitet?

Ich habe bei Praktika darauf geachtet, nicht unbezahlt zu arbeiten. Ansonsten habe ich mich voll aufs Studium konzentriert.

Glaubst du, du wirst mal mehr arbeiten als deine Eltern?

(Schmunzelt) Das ist faktisch kaum möglich, wenn ich noch Zeit für Schlafen und Essen haben möchte. Meine Eltern arbeiten schon recht viel. Ich fände es schön, mehr Zeit für mich zu haben.

Und wirst du mehr verdienen als sie?

Mir ist das große Geld nicht so wichtig. Lieber habe ich Spaß an der Arbeit.

Könntest du dir vorstellen, für die Arbeit ins Ausland zu gehen?

Ich glaube, das hängt nicht nur vom Job ab, sondern auch von den anderen Lebensumständen. Das muss insgesamt auch mit dem Privatleben zusammenpassen.