Chemnitz hat's geschafft: Gegen anfangs sieben, am Ende noch vier Mitbewerber setzte sich die Stadt durch im Rennen um den Titel Kulturhauptstadt Europas 2025. Nach der Arbeit ist vor der Arbeit - CHEMNITZ INSIDE erklärt, wie es jetzt weitergeht.
Als am 28. Oktober, Punkt 13.27 Uhr die Juryvorsitzende Sylvia Amann verkündete, dass Chemnitz zur Europäischen Kulturhauptstadt im Jahr 2025 nominiert wird, war der Jubel grenzenlos. Es war an Bewerbungsleiter Ferenc Csák, darauf hinzuweisen, dass die eigentliche Arbeit jetzt erst losgeht. Bereits in der Woche der Entscheidung setzte sich das Kulturhauptstadt-Team mit Mitgliedern der Sächsischen Landesregierung zusammen, um die nächsten Schritte zu planen.
Die offizielle Bestätigung: Noch ist Chemnitz gar nicht offiziell Europäische Kulturhauptstadt. Da fehlen noch einige Schritte. Die Jury hat Chemnitz für den Titel empfohlen – eine Ernennung müssen die Kultusministerkonferenz der Länder und die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsministerin Monika Grütters vornehmen. Dies gilt jedoch als Formsache, die im Dezember über die Bühne gehen soll. Neben dem Titel „Kulturhauptstadt Europas“ gibt es auch den Melina-Mercouri-Preis zu gewinnen – den gibt es von der EU, verbunden mit einem Preisgeld von 1,5 Millionen Euro, jedoch erst im Jahr 2024, wenn eine EU-Jury die Umsetzung der Bewerbung geprüft hat. Bis zur offiziellen Ernennung könnte Chemnitz mit seiner Partnerschaft Ljubljana fiebern: Slowenien darf eine weitere Kulturhauptstadt Europas 2025 auswählen, Ljubljana ist im Rennen. Eine Entscheidung soll ebenfalls im Dezember fallen.
Die Strukturen: Man könne die ersten Monate nach der Ernennung verschlafen – oder sie nutzen, um Strukturen aufzubauen, betonte Bewerbungsleiter Ferenc Csák mehrfach. Die Stadt hat sich auf die Gründung einer von der Politik unabhängigen GmbH festgelegt, die das Kulturhauptstadtjahr vorbereiten soll – immer mit dem Bewerbungsbuch im Hinterkopf, denn die Konzepte hier sind der Leitfaden. Die GmbH soll im 1. Quartal 2021 gegründet werden. Dann braucht diese GmbH mindestens einen Kaufmännischen Geschäftsführer und einen Künstlerischen Intendanten, die derzeit noch nicht benannt sind. Dazu wünscht sich Csák einen Mitarbeiterstamm, der sich einerseits aus Chemnitzern, andererseits auch aus Experten von außerhalb der Stadt zusammensetzt. „Die Aufstellung der Struktur muss 2021 zu 100 Prozent erfolgen“, so Csák wenige Minuten nach der Jury-Entscheidung.
Das Geld: Knapp 61 Millionen Euro sollen Vorbereitung, Programm und Auswertung des Kulturhauptstadt-Jahres kosten. Neben städtischem Geld sind Mittel aus Land und Bund eingeplant. Der Freistaat Sachsen hat mindestens 10,8 Millionen Euro zugesagt, die nun in den Haushalt eingestellt werden müssen. Vom Bund hofft das Bewerbungsteam auf mindestens 24,5 Millionen Euro – in etwa so viel erhielt die Kulturhauptstadt Essen Ruhr 2010. Daneben wollen sich auch die Kommunen der Kulturregion finanziell einbringen – vor allem auch für dort stattfindende Programmangebote mit etwa 6 Millionen Euro. Wesentliche Mittel sollen darüber hinaus durch Sponsoren aus der Wirtschaft aufgebracht werden – neben größeren Geldgebern setzt die Bewerbung auch auf viele Kleinsponsoren, die kulturelle Angebote in ihren Räumlichkeiten stattfinden lassen und diese finanziell unterstützen. Darüber hinaus sind mindestens weitere 20 Millionen aus Stadt und Land für die Stadtentwicklung eingeplant, beispielsweise für die „Stadt am Fluss“, das Sportforum oder die Entwicklung öffentlicher Räume.
Die Kultur: Chemnitz will sich Europa als Stadt der Macherinnen und Macher präsentieren und dabei die Mitte der Gesellschaft, die sich aus vielen Prozessen zurückgezogen hat, neu in den Fokus rücken – schon weit vor dem Jahr 2025. So sollen bereits ab 2021 europäische Festival-Macher voneinander lernen oder eine Soft-Skills-Akademie für Kulturarbeiter aus europäischen Städten aufgebaut werden. 2022 soll eine „Build Peace Conference“ mit 300 Teilnehmern aus der ganzen Welt stattfinden, 2023 ein Symposium zu realistischer Kunst in verschiedenen europäischen Ländern oder auch eine Konferenz mit Industriestädten „European Manchester“ durchgeführt werden. Und all das sind nur Beispiele aus dem umfangreichen Programm, das das Titeljahr vorbereiten soll. Das – so weit ist das im Bewerbungsbuch bereits festgelegt – soll dann am 18. Januar 2025 offiziell eröffnet werden – mit einer großen Party zwischen Bahnhof und Marx-Monument. vtz
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